Julia Strehler
Mein Weg
Seit ich denken kann, suche ich nach einem Ausdruck für das Lebendige, nach einer Art Geschichten zu erzählen, die unmittelbar berührt.
Dieser Wunsch führte mich schon als Kind zu Tanz und Bewegung. Ich erlebte dabei spielerisch, wie ich mit dem Körper meine Gefühle, Phantasien und Träume ohne Wertung nach außen sichtbar machen konnte. Wie ich andere damit verzaubern konnte.
Das Wunder der Verwandlung: „Ich kann das sein, oder das.“
Im Theater erfuhr ich später die Möglichkeit diesem Körperausdruck auch Stimme zu verleihen. Die Verbindung von Bewegung, Stimme und Sprache wurde meine Leidenschaft. Also studierte ich Tanz, Körpertheater, Maskentheater, Tanztherapie und japanische Formen des Ausdruckstanzes.
Als Schauspielerin, Pädagogin und Regisseurin folge ich diesem Pfad seit 28 Jahren in intensiver selbständiger Arbeit. Für das Ungesagte Sprache, Ausdruck, Bilder finden.
Auf dem Land, wo ich mit meinem Mann und meinen beiden großen Kindern seit 20 Jahren lebe, fernab der städtischen Theater, entwickelte ich eine Bühnenform, die sich mit den Menschen und Orten verbindet und ihre Themen und Geschichten widerspiegelt. Ein Theater, das den öffentlichen Raum bespielt und sich von der umgebenden Natur inspirieren lässt. Auf diese Weise sind viele dokumentarische Stücke entstanden.
Das Theater des Augenblicks
Theater ist für mich ein organischer Gestaltungsprozess. Ich lausche auf das, was erzählt werden will, nicht wissend, ohne Konzept, und kreiere dann aus dem, was sich zeigt, Augenblick für Augenblick die szenische Welt. Es ist ein tastender Prozess. Die meisten Stücke sind aus einer Vielzahl von Improvisationen entwickelt. Ich arbeite mit den Darstellern nah und dialogisch. Das Stück entsteht so aus der Mitte eines Kreises heraus, ausgerichtet auf die Vision, die wir gemeinsam gefunden haben.
Es ist mit dem Theater inzwischen wie mit einer alten, gereiften Liebe. Ich betrete diesen Raum immer noch mit Herzklopfen, in gespannter Erwartung dessen, was dort geschehen wird.
Es ist ein Raum, in dem ich erlebe, wie Unaussprechliches ausgesprochen wird. In dem angeregt und provoziert, gesungen, getanzt, gespielt und geschwiegen wird. Es ist ein Raum, in dem wir alle, auf, vor und hinter der Bühne eine Erfahrung miteinander machen, Augenblick für Augenblick. Immer wieder neu.
Im Theater vermag sich der Augenblick ganz auszudehnen, als könne er seine Flügel ausbreiten. Er breitet sich aus und verdichtet sich gleichzeitig in einer großartigen Stille, in der wir staunend den Atem anhalten.
Für diese Augenblicke mache ich Theater.
Und deswegen nenne ich das Theater und das Ensemble, das ich mitgestalte und führe, das ENSEMBLE DES AUGENBLICKS.